Markus Ernst: „Ein intensives Jahr“
2. Herren Handball | 16. Mai 2017

26:34 Punkte, davon nach einem 0:14-Start 9:21 in der Hin- und 17:13 in der Rückrunde, ein positives Torverhältnis und an die 30 Spieler eingesetzt – Markus Ernst, wie viel Nerven hat dich dein drittes Trainerjahr in der 3. Liga bei GWD Minden II gekostet?

MARKUS ERNST: Das war mit Sicherheit ein sehr intensives und spannendes Jahr. Bei der Anzahl der eingesetzten Spieler sind wir wahrscheinlich rekordverdächtig vorne;) Dieser Fakt bedingt aber auch einen sehr hohen Aufwand an Organisation, Kommunikation und Improvisation. Insgesamt hatten wir zu Saisonbeginn, aufgrund der Gesamtkonstellation, eine sehr schwierige Phase zu überstehen, in der wir aber ruhig und fokussiert geblieben sind. Danach haben wir uns Stück für Stück in die Saison reingekämpft und sind kontinuierlich stärker geworden. Beeindruckend war dann der Januar und Februar, wo wir den Grundstein für den letztendlich souveränen Klassenerhalt gelegt haben.

In einem Kurzfazit nach dem letzten Saisonspiel hast du gesagt, dass dir der neunte Tabellenplatz in der gerade beendeten Spielzeit mehr bedeutet als der vierte Platz in 2015/16. Worin lagen die besonderen Schwierigkeiten der vergangenen Saison?

ERNST: Wir sind in die Vorbereitung aufgrund der kurzfristigen Verletzung von Marius Traue und der tollen Entwicklung von Marian Michalczik in der Bundesliga ohne einen gelernten Spieler im linken Rückraum gegangen. Mit Oliver Tesch ist ein Kreisläufer erst wenige Wochen vor dem Serienstart noch dazugekommen. Wir hatten quasi nie mehr als sieben bis acht Spieler im Training, wodurch wir im Bereich Mannschaftstaktik nicht arbeiten konnten, sondern nur auf individual- und gruppentaktische Maßnahmen setzen konnten. Bei der Planung des Spielplans haben wir uns zudem mehr auf keine Überschneidungen mit der Bundesligamannschaft als der A-Jugend konzentriert, was sich im Nachgang als Fehler herauskristallisiert hat. Daher war mir schon in der Vorbereitung klar, dass es eine sehr schwierige Saison für uns wird. Da es der Spielplan zudem sehr ungünstig mit uns meinte, waren wir schnell in einer Abwärtsspirale, aus der man sich erst einmal befreien muss. Dass die Mannschaft das geschafft hat, nötigt mir höchsten Respekt ab und zeigt, welch tolle Moral in der Truppe steckt. Daher ist der neunte Tabellenplatz in der Endabrechnung auch mehr wert.

Welches Spiel aus der gerade beendeten Saison ist dir in positiver Hinsicht am besten in Erinnerung, und an welches möchtest du am liebsten nicht erinnert werden?

ERNST: Das war das Heimspiel gegen Hagen, wo wir mit nur acht Feldspielern ein herausragendes Unentschieden erzielt haben. In unserer kleinen Gruppe hatte spätestens dann jeder realisiert, dass wir noch etwas Großes, sprich den Klassenerhalt, schaffen können. Ich verliere nicht gerne, aber ich betrachte Niederlagen auch immer als Chance zur Weiterentwicklung. Daher gibt es nicht dieses eine Spiel, an das ich mich nicht erinnern möchte. Sicherlich war die 23:24- Niederlage beim ungeschlagenen Meister aus Neuss sehr bitter, weil wir an diesem Tag über uns hinausgewachsen sind und ein besseres Ergebnis verdient gehabt hätten.

Du kennst die 3. Liga seit ihrer Einführung zur Saison 2010/11 sowohl als Spieler als auch als Trainer. Welchen Stellenwert hat die 3. Liga seitdem gewonnen und wie wichtig ist sie deinen Erfahrungen nach gerade für eine Bundesligareserve?

ERNST: Ich glaube, dass sich die 3. Liga insgesamt kontinuierlich weiterentwickelt hat. Das zeigen ja auch die stetig steigenden Zuschauerzahlen, obwohl wir dafür kein Paradebeispiel sind (lacht). Für eine Bundesligamannschaft ist es aus meiner Sicht unabdingbar, dass der Perspektivkader in der 3. Liga spielt. Der Sprung zum Profihandball ist so zwar immer noch groß, aber das sportliche Niveau ist viel höher als beispielsweise in der Oberliga. Ich bin auch der Überzeugung, dass die A-Jugendspieler noch mehr und häufiger in der 3. Liga eingesetzt werden müssen, obwohl wir das in der Zusammenarbeit mit A-Jugend-Trainer Sebastian Bagats schon recht aggressiv und teilweise auch über die Belastungsgrenzen hinaus gefördert haben. Man hat aber bei der A-Jugend in den weiterführenden Spielen gesehen, dass fast alle Spieler aus Leipzig Woche für Woche Drittligaerfahrung sammeln und das für die sportliche und persönliche Weiterentwicklung sehr förderlich ist.

Du gibst aus beruflichen Gründen das Traineramt auf, da du beim Bundesligisten TSV Hannover-Burgdorf  für den Bereich Marketing und Kommunikation zuständig und im Hinblick auf die neue Saison verstärkt gefordert bist. Ist ein Traineramt weiterhin interessant für dich?

ERNST: Darüber habe ich mir bislang keine Gedanken gemacht, da meine Arbeit in Hannover absolute Priorität hat. Man kann eine Drittligamannschaft nicht mal nebenbei trainieren, der Belastungsfaktor Zeit ist schon recht hoch und anspruchsvoll. Ich habe aber durch meine Zeit im Profisport gelernt, dass man niemals nie sagen sollte. Aktuell beschäftige ich mich aber nicht damit.“

Was passiert bei GWD Minden II noch nach dem letzten Saisonspiel, und was kannst du deinem Nachfolger Moritz Schäpsmeier mit auf den Weg geben?

ERNST: Wir wollten eigentlich möglichst lange die A-Jugend im Kampf um die Deutsche Meisterschaft im Trainingsbetrieb unterstützen, da sie uns auch im gesamten Saisonverlauf geholfen hat. Leider ist dies nach dem unglücklichen Ausscheiden, was sicherlich auch durch die Verletzung von Lukas Kister zustande gekommen ist, nicht mehr nötig. Trotzdem werden wir bis Ende Mai weiter trainieren, wobei der Fokus jetzt erst einmal abseits des Handballs gelegt wird. Moritz Schäpsmeier hat viele Jahre als Profihandballer gespielt und dort unter sehr guten Trainern arbeiten dürfen. Ich denke, er verfügt über das nötige Rüstzeug, um die Talentschmiede GWD II erfolgreich fortzuführen.

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