Veröffentlichung: 31. März 2022
Als Gaby Hartmann einst den ersten Kaffee mit Horst Bredemeier trank, gefiel ihr der Mann sogleich. Von seinem Leben hatte sie aber nicht den Hauch einer Ahnung: „Er sagte damals, er sei eine Nummer im Handball. Aber von Handball wusste ich nichts“. Das änderte sich schlagartig. Sehr schnell lernte Gaby Hartmann die Bedeutung der Worte „Handball“ und „Nummer“ kennen. Denn ihr Horst, Anfang der 2000er Jahre als Handball-Macher auf dem Höhepunkt seines Schaffens, war vor allem eins: Nicht da.
Bredemeier, der heute seinen 70. Geburtstag begeht, war damals Geschäftsführer und Manager des Bundesligisten GWD Minden und Vize-Präsident Leistungssport beim Deutschen Handballbund. Entweder war er für GWD im Einsatz und hier jedes zweite Wochenende zu Auswärtsspielen unterwegs, oder für den DHB. Rund 60 bis 70 Tage im Jahr kosteten allein die Einsätze mit der Nationalmannschaft.
„Die meiste Zeit war er weg. Und wenn er zuhause war, war der Kopf immer voll von Handball und GWD“, erinnert sich seine Frau. Schnell gewöhnte sie sich an die unvermeidliche Aufgabenteilung an der Seite des Multi-Funktionärs: Er kümmerte sich um seinen Sport, sie kümmerte sich um den Rest. Das war neben dem Beruf das ganze Leben. „Das war ganz einfach bei uns. Er hat mir seine beiden Kinder gegeben und er hat mir zwei Telefonnummern von Vertrauten gegeben, wo ich bei Problemen anrufen sollte. Und dann hieß es: Ab und zu bin ich auch da. Das war erstmal schwierig. Aber ich habe das gern gemacht und bin daran gewachsen“, erzählt sie und verdeutlicht: „Horst tickt anders als andere. Er ist wie er ist. Wir haben gelernt: Handball geht immer vor.“ Schwierig war auch das normale Leben mit dem prominenten Partner. „Mal mit Horst in die Stadt zu gehen oder auch nur in Ruhe zusammen essen, das ging gar nicht. Er wurde ja überall auf Handball angesprochen.“ Es ist geradezu symbolisch, dass die beiden hoch oben über der Stadt wohnen. In ihrer Dachgeschoss-Oase sind sie dem Zugriff der Welt entzogen, auf dem großzügigen Balkon in lichter Höhe vor allen Blicken geschützt.
Als sich die Bückeburgerin Gaby Hartmann zur Jahrtausendwende für den Dankerser Horst Bredemeier entschied, hatte der größte sportliche Botschafter, den die Stadt Minden je hatte, die ersten wilden Jahrzehnte seiner nahezu wahnwitzigen Karriere bereits hinter sich. Der Schnäuzer war dem Ziegenbärtchen gewichen, die Hingabe zum Handball war geblieben. „Mir ist damals vieles einfach zugeflogen“, sagt er über seinen wundersamen Weg. Früh hatte er auf die Karte Handball gesetzt und begründet das lapidar: „Ich konnte ja gar nichts anderes.“ Mit 27 Jahren übernahm er im April 1979 die Leitung der Mindener Bundesliga-Mannschaft und wurde Pokalsieger. Er arbeitete als Trainer bei Turu Düsseldorf und feierte dort 1989 den Gewinn des Europapokals im IHF-Wettbewerb. Bredemeier wurde Bundestrainer und führte die erste gesamtdeutsche Mannschaft zu den Olympischen Spielen nach Barcelona. Er übernahm bei GWD Mitte der neunziger Jahre die Rolle als Manager, als der Verein vor dem Zusammenbruch stand und machte aus dem Traditionsverein wieder einen wirtschaftlich und sportlich stabilen Bundesligisten. 2007 erlebte er mit dem Gewinn des Titels bei der von ihm als DHB-Vizepräsident maßgeblich organisierten Weltmeisterschaft in Deutschland einen Karrierehöhepunkt.
© Mindener Tageblatt – Marcus Riechmann
Alle Beiträge